Amphitryon - Komödie von Molière

Freilichtaufführung im Pavillon des Besucherzentrums Wildnispark Zürich Sihlwald

Autor: Peter Niklaus Steiner
Regie: Mathias Ott

Wenn es die Götter zu den Menschen zieht


Wieder steht ein Sommer vor der Tür voller Hoffnung, die Pandemie sei überwunden und das Leben dürfe wieder sein mannigfaltiges Spiel entfalten, wie die unzähligen Schmetterlinge, die mit ihren bunten Flügeln am Ufer der Sihl von Blüte zu Blüte tanzen. «La vita e bella!» ruft es aus der Brust heraus und man lässt gerne so manchen Gedanken, der heute das Leben trübt, aussen vor und nährt die Seele mit schönen Bildern und Vorstellungen!

So muss es auch den Göttern ergangen sein, als sie in ihrer Ewigkeit thronend, dem Treiben auf dem Planeten Erde zusahen, dieser zarten, smaragdblauen Kugel im All, die schimmert wie ein Diamant und in ihrer Vergänglichkeit so verletzlich ist wie eine Seifenblase. Unter den Blicken der Götter muss die Erde wie ein vom Aussterben bedrohtes Tier gewirkt haben, das, je seltener es vorkommt, um so begehrenswerter ist. Kommt dazu, dass die Götter die volle Aufmerksamkeit der Erdenbewohner genossen, der Menschen, die sie anbeteten. Im Bewusstsein ihrer Vergänglichkeit kultivierten die Menschen Ideale wie Ehre, Ruhm und Tugend, um damit den Göttern und sich selbst zu gefallen. Sie opferten sich dafür auf!

Aber wie anders stellte sich das Sein der Götter dar, die sich im ewigen Chaos behaupten mussten! Im Kampf mit Giganten und Titanen und im Umgang mit sich selbst. Denken wir an ihre Betrügereien, Diebstähle, Vergewaltigungen, Vernichtungen und Wiedergeburten, die wir aus den Mythen kennen, so hat das weniger mit hehren Idealen als brachialer Gewalt zu tun. Es wundert daher nicht, dass nicht nur die Menschen eine Affinität zu den Göttern entwickelten, sondern auch die Götter zu den Menschen, die durch ihre Verletzlich- und Vergänglichkeit eine begehrenswerte Schönheit erlangten, die selbst Götter betört. Wie Menschen nach der Ewigkeit trachten, so trachten Götter nach lebendiger Schönheit! Davon handelt die Geschichte des «Amphitryon», eines Helden aus der griechischen Antike.

Stückinhalt

Amphitryon, ein thebanischer Feldherr, befindet sich im Krieg. Er ist frisch verheiratet mit Prinzessin Alkmene, die zuhause im Palast auf seine Rückkehr wartet. Der Göttervater Zeus ist betört von Alkmenes Schönheit und heckt zusammen mit Gott Merkur einen Plan aus, wie er sie verführen und mit ihr schlafen könnte. Seine eifersüchtige Göttergattin Juno darf selbstverständlich nichts davon erfahren. So verwandelt er sich in Amphitryon und kommt dem echten Gatten in seiner Gestalt um eine Nacht zuvor. Amphitryon kann nicht fassen, was er bei seiner Rückkehr erfährt. Er sei schon vorige Nacht angekommen und habe mit Alkmene eine Liebesnacht verbracht! Er verdächtigt sie umgehend des Ehebruchs und sie ihn der übelsten Verleumdung.

Zeus hingegen war so angetan von Alkmene, dass er – wiederum als Amphitryon – um eine zweit Nacht buhlt. Das kostet ihn bei der erbosten Ehefrau viel Überredungskunst, aber es gelingt ihm. Da Gott Merkur, um Zeus bei der Verführung behilflich zu sein, sich gleichsam in Amphitryons Diener Sosias verwandelt und diesem weismacht, er sei nicht er selbst, nimmt die Konfusion weiter zu. Merkur verleumdet auch Cleanthis, Sosias Ehefrau, was dazu führt, dass diese ihrem echten Sosias heftig die Leviten liest. Das Unverständnis wird damit komplettiert. Erst dann gibt sich Zeus als Gott zu erkennen, überlässt die Menschen ihrem Erdenschicksal und gleitet zurück in seinen himmlischen Olymp.

Ein Schauspiel der besonderen Art, eingebettet in die Schönheit der Natur. Mit Blick über die Sihl ans andere Ufer, bietet das turbine theater erneut ein Freilichttheaterspektakel vom Feinsten!