Glossar
Rudolf Brun / «Brünli»
Rudolf Brun ist zwischen 1300 und 1310 geboren, stürzte 1336 den Zürcher Rat, setzte die «Brunsche Zunftverfassung» in Kraft und liess sich zum ersten Bürgermeister von Zürich wählen, auf Lebenszeit! Sein älterer Bruder Jakob fiel in seiner Jugend bereits durch gewaltsame Streiche auf, die vom Zürcher Rat hart gebüsst wurden. Bei Zeugenaussagen wird auch ein «Brünli» genannt, bei dem es sich um seinen jüngeren Bruder Rudolf Brun handelte. Rudolf’s Skandale sollten folgen (siehe «Lunkhofen»). Auch Rudolf’s Söhne machten später durch Gewalttaten auf sich aufmerksam und seine Frau Margaretha wurde gar wegen einem Mord an einem nahen Verwandten beschuldigt, den sie mit ihrem jüngsten Sohn beging. Beim Chronisten Tschudi ist zu lesen, dass Rudolf Brun «von den andern seinen Miträthen allweg verschüpft war». Wenige einflussreiche Familien beherrschte damals den regierenden Rat, dem sein Schwiegervater Fütschi angehörte. Durch ihn gelangte Brun in die Ratsoberschicht. Ab 1332 sass er im «Fastenrat». Sein entfernter Verwandter, der vermögende Ritter und Chorherr Götz Mülner, war der eigentliche Anführer Zunftrevolution. Mülner starb jedoch im Juli 1336. Da nahm Brun seinen Platz ein und schwang sich als geschickter und skrupelloser Taktiker zum Alleinherrscher auf. Brun starb am 17. September 1360 (siehe «Martinus»).
Grawe
Der Zürcher Zunftmeister Grawe war mit den Neuerungen von Bruns Umwälzung unzufrieden und suchte das heimliche Einverständnis den Ratsherren, die Brun bei seiner Machtübernahme verbannte und die sich um Graf Johann von Habsburg-Laufenburg in Rapperswil zur Gegenregierung der «äusseren Zürcher» formierten. Grawe musste in Rapperswil Geld einziehen und nutzte diese Gelegenheit, um die Verschwörer zu treffen. Dabei stellte er ihnen auch seinen Sohn Heinrich vor, der sich an der Verschwörung beteiligen sollte. Nach anfänglichem Misstrauen fassten die Verschwörer Vertrauen zu Heinrich und weihten ihn in die Pläne vom gewaltsamen Umsturz, von Mord und Hinrichtung derer, die sich widersetzten und der Absicht, Brun zu vergiften, ein. Heinrich erfuhr, dass es an die dreissig Zürcher «innen» gebe (in Zürich), die mit den Äusseren paktierten. Auf die Frage, wie er diese erkenne, erhielt er die Antwort: «Welcher dir eine Bohne in die Hand drückt, der ist unser.» Anders als im vorliegenden Theaterstück, erzählte der historische Heinrich dem Bürgermeister von dem Vorhaben der «Äussern» und wurde zu seinem «Doppelagenten». Brun wusste also vom Putschversuch der «Äussern», dennoch liess er sie gewähren, wohl in der Absicht, es zum Anschlag kommen zu lassen und in «Notwehr» allen den Garaus zu machen, was schliesslich auch geschah.
Zehnte
Als «Zehnte» wurde eine Abgabe an die Obrigkeit bezeichnet, die den heutigen Steuern entsprich; der Zehnte Teil von etwas, meist in Naturalien. Von Steuern sprach man eher, wenn es um Abgabe für das Militär ging.
Urfehde
Urfehde schwören heisst, unter Eid auf eine Fehde (Rache) verzichten. Die von Brun verbannten Ratsherren konnten Urfehde schwören und so wieder in Zürich leben. Meist ging das einher mit ihrer Enteignung und dem Verzicht auf eine Ratsstelle und Zünfte.
Pest / Judenpogrom
Um 1348/49 brach in Zürich die Pest aus und forderte viele Opfer. Wie in vielen anderen Städten wurden dafür (auch offiziell) die Juden als «Brunnenvergifter» verantwortlich gemacht. Am 24. Februar 1349 wurden alle männlichen Juden Zürichs in einem Pogrom getötet (in einem Haus verbrannt). Die Synagoge an der heutigen Froschaugasse wurde zerstört. Das Eigentum der Juden wurde unter die Nicht-Juden Zürichs verteilt, wobei sich Rudolf Brun einen Löwenanteil sicherte.
Treueid für Brun
Im Hofe des Barfüsserklosters (heutiges Obergericht) kamen 1336 Zürcher Bürger zusammen, beschlossen die Absetzung des alten Rates und bezeichneten Junker Rudolf Brun als ihren Bürgermeister und Hauptmann. Ihm wurde geschworen «zu warten und gehorsam zu sein mit guten Treuen bis in den Tod.» Dieser Schwur wurde nach Brun’s Machtergreifung den Bürgern zur Pflicht und halbjährlich wiederholt.
Preussenfahrten
Im religiös geprägten Mittelalter galt es für einen Ritter als Ehre, gegen Ungläubige (Heiden) zu kämpfen. Nach den verlorenen Kreuzzügen ins «Heilige Land» half man dem «Deutschen Orden» in Preussen im Kampf gegen die Heiden in Litauen. Die «Pilgereise» nach Marienburg und Königsberg mit Kriegszügen gegen «Heiden» entwickelte sich zu einer gesellschaftlichen Modeerscheinung innerhalb des europäischen Adels und wurde «Preussenfahrt» genannt.
Codex Manesse
Bei der «Manessischen Liederhandschrift» handelt sich um die umfangreichste und berühmteste Liederhandschrift des Mittelalters, die heute in der Universitätsbibliothek Heidelberg aufbewahrt wird. Sie ging aus der Liedersammlung des Zürcher Patriziers Rüdiger Manesse (1252-1304) und seines Sohnes Johannes hervor, die auf der Burg Manegg hausten. Federführend war dabei der Zürcher Minnesänger «Hadlaub». Von ihm ist bezeugt, dass ein literarisch interessierter Kreis von Zürcher Stadtbürgern wie die Fürstäbtissin Elisabeth von Wetzikon, der Graf von Toggenburg und der Bischof von Konstanz die Entwicklung des Werkes unterstützten.
Hadlaub / Fides
Gottfried Keller widmete dem Zürcher Minnesänger «Hadlaub», der Ende des 13. bis Anfang des 14. Jh. lebte, seine gleichnamige Novelle. Darin beschreibt er, wie der beherzte Minnesänger an dem Codex Manesse mitarbeitet und sich in Fides, die Tochter der Fürstäbtissin Kunigunde von Wasserstelz und dem Fürstbischof von Konstanz, Heinrich von Klingenberg, verliebt. Diese Kunigunde ist allerdings eine dichterische Fiktion, die damalige Fürstäbtissin des Fraumünsters war die berühmte Elisabeth von Wetzikon, die keine Kinder hatte. Es gab aber Äbtissinnen, die bereits Mutter waren, als sie ins Amt gewählt wurden und G. Keller als Vorbild dienten. Ausserdem gebar die letzte Fraumünster-Äbtissin, Katharina von Zimmern, noch im Fraumünster ein Kind, bevor sie das Amt niederlegte und heiratete.
Fraumünster / Äbtissin
Zu Beginn von Bruns Regierungszeit war «Elisabeth von Matzingen» Äbtissin des Fraumünsters (1308 – 1340), dieser einst so mächtigen Abtei, die lange Zeit Zürichs Geschicke lenkte. Hauptsächlich in von Matzingens Amtszeit vollzieht sich das Absinken der Abtei in die politische Bedeutungslosigkeit. Von Matzingen widmet sich vor allem inneren Angelegenheiten. Bei der umstrittenen Wahl ihrer Nachfolgerin «Fides von Klingen» (1340 – 1358) hatte Brun bereits die Finger im Spiel. Er brachte das Fraumünster zunehmend unter die Vorherrschaft des Rates. Persönlich kaufte er der finanzielle angeschlagenen Abtei den beachtlichen Kirchensatz zu St. Peter samt Wiesen und Äckern zwischen Albisrieden und Altstetten zu einem Kaufpreis von 211 Mark Silber ab (heute Fr. 189’900.-. Brun’s Sohn Bruno verkaufte den Kirchensatz später um das Zwölffache an das städtische Spital!) Im Jahr 1350 verpfändete die Äbtissin das der Abtei obliegende Münzrecht der Stadt und willigte damit in eine Abwertung der alten Münzen von 2:1 ein.
Die Sache mit der Frau von Lunkhofen
Rudolf Brun und Rudolf Biber wurden wegen «der Sache mit der Frau von Lunkhofen» im Jahr 1330 vom damaligen Stadtrat mit je 550 Pfund gebüsst, was auf heutige Verhältnisse umgerechnet ca. Fr. 200’000.- beträgt; es handelte sich also um ein grosses Vergehen, das sich die beiden zuschulden kommen liessen. Die von Lunkhofen betrieben damals im ehemaligen Wettingerhaus (Limmatquai 36, unterhalb Grossmünster) die Trinkstube der Adeligen und Kaufleute, den «Estrich». Was sich bei dem Eklat genau zugetragen hat, ist nicht bekannt. Man weiss aber, dass Brun und Biber Erzfeinde waren und in persönlicher Fehde standen. Biber war denn auch der erste Ratsherr, den Brun nach seiner Machtergreifung verbannte. Ein Eintrag belegt, dass Brun im Jahr 1333 die Busse noch nicht bezahlt hatte.
Bäckergeselle Eckenwieser
Der Sage nach hat der Bäckergeselle Eckenwieser die Verschwörer im Hinterzimmer des Wirtshauses «Struss» im Niederdorf (oder «Losserkeller», je nach Quelle) hinter einem Ofen belauscht und Brun vor dem Anschlag gewarnt. Worauf Brun das Sturmläuten am Grossmünster befahl und zum Gegenschlag ausholte.
Bruns Knecht Rudolph
Brun gab seinem Knecht in der Mordnacht seinen Mantel und Hut zum Tragen, damit die Gegner ihn in der Dunkelheit für den Bürgermeister hielten. Der Knecht wurde denn auch als vermeintlicher Brun von den «Äussern» erstochen. Je nach Quelle war es der treue Knecht, der Brun diesen Tausch anbot, oder Brun selber, der den Tausch seinem Knecht befahl.
Schiffer Bachs
Der Schiffer Bachs wurde vom fliehenden Grafen von Toggenburg dazu angehalten, ihn mit seinem Kahn von der Schipfe nach Wipkingen zu fahren. Bachs erkannte jedoch den Feind und brachte den Kahn zum Kentern. Der Graf und sein Gefolge ertranken mit ihren schweren Rüstungen. Anderntags begehrte Bachs die «Schuppen dieser Fische» für sich, zog die Leichen aus dem Wasser und bat um ihre Rüstungen, was ihm gewährt wurde.
Metzger-Zunft
Mehrere Quellen verdeutlichen insbesondere den blutig geführten Widerstand der «Zunft zum Widder» bei der Mordnacht: Die Metzger leisten grimmige Arbeit mit Schlachtbeilen und Messern. Der Zug der Zunft zum St. Peter, der heute Ende Januar oder anfangs Februar durchgeführt wird, erinnert an Vorrechte, die Bürgermeister Rudolf Brun der Zunft zum Dank für ihre bewiesene Tapferkeit verliehen hat. Damals bekamen die Metzger das Recht, am Aschermittwoch durch die Stadt Zürich zu ziehen, mit Schlachtbeilen und Prügeln bewaffnet, ihrem Banner, dem vom Rat verliehenen «Isengrind» und einer Bärenhaut, Sinnbild des an der Kette gefangenen Feindes. Dieser Metzgerumzug dürfte eine der Wurzeln des Sechseläuten-Umzuges sein.
Martinus
Rudolf Brun und sein Küchenmeister «Magister Martinus» starben am selben Tag, dem 17. September 1360. Die Vermutung liegt nah, dass die beiden vergiftet wurden oder, wie auch angenommen wird, Brun von seinem Koch vergiftet wurde.
Quellen zu Stück und Historie
- «Die Buhlerin auf Manegg», Zürcher Sage. Herausgegeben von K.W. Glaettli
- «Die Mordnacht in Zürich», Vaterländisch-historisches Schauspiel zur 500 jährigen Gedächtnisfeier, mit Benutzung eines älteren Stückes für die Bühne, bearbeitet von Philipp Waldburg Kramer, 1850
- «Die Züricher Mordnacht», Ein geschichtliches Bild aus dem deutschen Städte-Leben des vierzehnten Jahrhunderts von Adolf Weisser. Zürich, 1856
- «Hadlaub», Zürcher Novelle von Gottfried Keller, 1876
- «Die Brun’sche Staatsumwälzung und die Mordnacht von Zürich» Etzlich Uszüg us Junkher Schwarzmurers Hand- und Huschroniklin aus dem 14. Jahrhundert. Bearbeitet und herausgegeben von Friedrich Michel; Zürich, 1914.
- «Bürgermeister Rudolf Brun und die Zürcher Revolution von 1336» von Anton Largiadèr, 1936
- «Zürich und sein Fraumünster», eine elfhundertjährige Geschichte (853-1956) von Peter Vogelbauer, 1994
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